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Meinung

Über die Zukunft der Innenstädte und die Notwendigkeit von Allianzen

 

Innenstädte sind sind keine Betriebstypen oder Assetklassen. Sie sind fundamentaler Bestandteil unserer Lebenskultur. Schmelztiegel von Innovation und Anker für unsere Gesellschaft. Sie sind es wert, dass sich Allianzen für sie stark machen und Impulse setzen.

 

Über Möglichkeitsräume

Der Umbruch in unseren Städten ist für viele Gestalter*innen eine Herausforderung. Gleichzeitiges Handeln auf verschiedenen Ebenen ist erforderlich: Da  sind Corona-Sofort-Maßnahmen, wie die Verbesserung der digitalen Sichtbarkeit, und Re-Start der Innenstadt. Diverse Labore, Experimente und neue Bündnisse ebenso wie Investitions- und Förderprogramme, Gründerwettbewerbe oder Kampagnen und Events zeugen davon. Und parallel dazu soll ein langfristiger Strukturwandel für die Zukunftsstadt der nächsten 10 bis 15 Jahre entwickelt werden. Wie lässt sich das alles managen? Welche Hilfen nutzen wirklich? Wie sehen erfolgversprechende Strategien aus? Was muss der Handel tun, um sich neu auszurichten? Wie müssen sich die Städte der Zukunft organisieren?

In jedem Falle gilt es den geforderten Umbau der Innenstädte offensiv und mutig anzugehen. Im Grunde sind dies Aufgaben der gesamten Stadtgesellschaft.

Fest steht, der Einzelhandel verliert seine dominante, identitätsstiftende Rolle für die Zentren, die Handelsflächen in den Innenstädten werden geringer. Eine Verschiebung vom reinen Konsum- zum Erlebnis-, Freizeit- und Lebensort zeichnet sich ab. Wir brauchen Treffpunkte, Kommunikationsräume, auch konsumfreie Zonen oder weniger ökonomische Nutzungen wie soziale Interaktion, Stadtkultur und Nachbarschaft, die einen vielseitigen Aufenthalt in der Innenstadt ermöglichen. Dabei bleibt das Leitbild der europäischen Stadt städtebauliche Maxime.

Die Innenstadt muss als Gesamtdestination überzeugen. Die Stadt der Zukunft ist die Stadt des Dialoges. Es geht dabei vordergründig um aktuelle Themen wie Mobilität, Klimawandel oder Online-Handel. Es geht aber auch um weitergehende Fragestellungen wie die Rolle von Kultur und Geschichte für die Lebendigkeit unserer Städte oder die Offenheit unserer Gesellschaft für Zugewanderte.

Allianzen, Strukturen, institutioneller Aufbau

Wenn Sie mich fragen: Wir haben in der Regel kein Erkenntnisproblem, sondern vor allem eine Verwertungsproblem aufgrund der Vielzahl von Erkenntnissen, die vielleicht nicht wirklich neu sind, aber durch Corona besonders deutlich werden. Da stellt sich für mich die Frage: Was braucht es organisatorisch?

Im Herbst 2020 hat das BMI einen Beirat Innenstadt gegründet, der maßgeblich an der Innenstadtstrategie der Bundesregierung mitgearbeitet hat.

Mit der  neuen Initiative ‚stadtimpulse‚ ist es gelungen, eine bisher nie da gewesene Allianz für eine Plattform für erfolgreichen Innenstadt-Lösungen ins Leben zu rufen. Wann hat es das schon einmal gegeben, dass sich in wenigen Wochen auf ein gemeinsames Projekt verständigt werden konnte? Die Initiative stärkt den bundesweiten Wissenstransfer und den Austausch zwischen den Kommunen, sie ist ebenfalls Teil der Innenstadtstrategie des Bundes. Und auf lokaler Ebene werden solche Allianzen ja häufig vom Stadtmarketing und Citymanagement koordiniert, moderiert und vorangetrieben.

Wenn jetzt die wesentlichen Akteure auf Bundesebene an einem Tisch sitzen und damit eine Abkehr von Einzelinitiativen, interessensgeleiteten Forderungskatalogen etc. verbunden ist, haben wir eine erste, wichtige Etappe erreicht. Vergleichbares muss auch auf Landesebenen und vor Ort geschehen. Nur so wird es gelingen, den erforderlichen Change-Prozess in unseren Innenstädten dauerhaft zu gestalten. Entscheidend ist jedoch, flächenhaft den Umbau der Innenstädte zu initiieren.

Wir müssen die Verbands- oder Einzelinteressenbrille mit der Innenstadtbrille tauschen.

Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage, die Allianzen für die Innenstadt müssen mittel- und langfristig noch breiter aufgestellt werden. Wir brauchen auf Bundes- und Landesebene bzw. auf kommunaler Ebene Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Immobilieneigentümer an einem Tisch. Und müssen auch die Kulturschaffenden, die sozialen Einrichtungen, das Gemeinwesen und Umweltorganisationen etc. noch stärker einbinden. Das ebnet den Weg für ein neues Verständnis des kollaborativen Miteinanders und für eine Abkehr vom sektoralen Agieren. Wir müssen die Verbands- oder Einzelinteressenbrille mit der Innenstadtbrille tauschen. Um das aufzubauen, braucht es personelle und finanzielle Ressourcen, Wissen über geeignete Instrumente und Verfahren und vor allem Offenheit für ein entsprechendes Veränderungsmanagement.

Von der Shoppingmeile zu „Unsere Mitte.“

Ich blicke gespannt auf die nächste Epoche der Innenstadt. Sie steckt voller Überraschungen. Bleiben wir neugierig, kreativ, kooperativ und hartnäckig. Wir haben die Chance, breite lokale, wie auch nationale Allianzen für Innenstädte zu schmieden und die Innenstädte in die nächste Zeit zu führen. Von der reinen Shoppingmeile zu „Unsere Mitte.“, die wir gern aufsuchen und auf die wir stolz sind, muss die Devise lauten. Mensch, Qualität und Nachhaltigkeit werden als neue Maßstäbe dienen. Nicht zurück zu alter, sondern auf zu neuer Stärke ist das Gebot der Stunde.


Foto: Rainer Sturm / pixelio.de 

 

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Autor*in

Roland Wölfel

cima // Geschäftsführer, Partner

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