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Interview

Quo vadis, Quartiersmanagement?

„Was machen Sie hier eigentlich so als Quartiersmanagerin?“ ist die Frage, die mir bei der Arbeit in meinem aktuellen Projekt in Osnabrück wohl am häufigsten begegnet. Eine berechtigte Frage! Es gibt da dieses „Quartiersbüro“ mitten in der Innenstadt, von außen erkennbar über ein Schild mit dem Schriftzug „Quartiersmanagement Johannisstraße“, die Schaufenster behängt mit einigen Plakaten zu künftigen Veranstaltungen und Beteiligungsangeboten.

Einmal pro Woche stehen die Türen offen für die Sprechstunde mit mir als Quartiersmanagerin. Manche schauen neugierig, ob sich dahinter ein neues Ladenkonzept verbirgt und schöne Dinge verkauft werden, andere vermuten ein Büro für Sozialarbeiter*innen, die Streetworking betreiben. Und wieder andere betreten das Geschäft und verkünden ihren Ärger über die Unsauberkeit an einigen Ecken in der Innenstadt, oder dass verbotenerweise ein Auto durch das Quartier gefahren ist. Viele fragen mich auch direkt, was ich hier im Quartiersbüro anbiete und was eigentlich meine Aufgabe ist.

 „Ich bin das Sprachrohr für die Menschen hier im Viertel. Für die Bewohner*innen, die Eigentümer*innen und vor allem die Gewerbetreibenden. Für alle, die den Kontakt zur Stadt bzw. zur Verwaltung suchen, Informationen zu anstehenden Bauarbeiten in der Johannisstraße benötigen oder eine Beratung in Immobilienfragen und zur weiteren Entwicklung des Quartiers suchen. Da versuche ich dann auf schnellem Wege zu helfen, relevante Kontakte herzustellen oder bei Fragen zum Standort und zum Einzelhandel beratend zur Seite zu stehen. Und ich stoße gemeinsam mit den Vereinen, Werbegemeinschaften und Interessengruppen aktiv Projekte an, die den öffentlichen Raum im Quartier beleben, Aufenthaltsqualität schaffen und bestenfalls Missstände beheben. Zum Beispiel haben wir im Sommer mit vielen verschiedenen Menschen aus dem Quartier das Baustellenfest organisiert. Dafür haben wir direkt nach Abschluss der umfassenden Umbaumaßnahmen die Straße für einen Tag komplett sperren lassen und ein großes Straßenfest für alle Osnabrückerinnen und Osnabrücker organisiert. Es gab zahlreiche kostenlose Angebote für Kinder und Familien – Spiel und Spaß standen für einen Tag im Vordergrund und die langwierige Baustellensituation war schnell vergessen. Die Aktionen wurden größtenteils von Menschen aus dem Quartier organisiert und angeboten. Daraus hat sich ein lokales Netzwerk entwickelt, das mittlerweile eng zusammenarbeitet. Als nächstes wollen wir mit lokalen Künstler*innen die Leerstände in unserer Straße gestalten und verschönern“ ist meine derzeit wohl am häufigsten genannte Antwort.

Für die meisten Menschen ergibt sich hier ein gewisser „Aha“-Effekt und daraufhin schildern sie mir oft direkt Ihre Sichtweise auf das Quartier oder steuern sogar direkt eine eigene Idee für ein weiteres Projekt oder die weitere Entwicklung bei – was sehr wertvoll für die Arbeit im Quartiersmanagement ist.

Im Prinzip besteht die Quartiersarbeit aus verschiedensten Bausteinen. Angefangen bei der Schaffung von lokalen Netzwerken, der Unterstützung von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Marketingstrategien für das Quartier über die Umsetzung von kulturellen oder verkaufsfördernden Maßnahmen und Aktionen bis hin zur gezielten Entwicklung von Konzepten zur positiven Weiterentwicklung des Quartiers. Doch so unterschiedlich einzelne Quartiere in verschiedenen Städten und Gemeinden sind, so unterschiedlich sind auch dessen Akteur*innen, Aufgabenbereiche und Zielsetzungen.

Was ich am Quartiersmanagement so spannend finde, ist, dass es sich immer um partizipative Prozesse handelt. Und man arbeitet nach dem „Bottom-up-Prinzip“. Quartiersmanagement setzt nicht einfach voraus, was im Quartier passieren soll und wird, sondern unterstützt bei der Schaffung von Strukturen und nimmt die Menschen vor Ort an die Hand, um gemeinsam eine positive Entwicklung in die richtige Richtung anzustoßen. Das bedeutet auch, dass viel Kommunikation gefragt ist – sowohl innerhalb des Quartiers als auch nach außen.

  • Was wünschen sich die Bewohner*innen und Gewerbetreibenden überhaupt für ihr Quartier?
  • Was hat in der Vergangenheit nicht funktioniert oder was fehlt Ihnen?
  • Was ist im Bereich der Stadtentwicklung für das Quartier geplant?

Die Vorstellungen einer guten Entwicklung in die Zukunft können oft nicht unterschiedlicher sein. Und dabei deckt man als zunächst außenstehende*r Quartiersmanager*in nicht selten Konfliktfelder und akute Handlungsbedarfe auf. Und das benötigt manchmal auch einen langen Atem.

Jetzt freue mich schon auf unseren nächsten Runden Tisch im Quartier, zu dem sich neben den Vertreter*innen der lokalen Werbegemeinschaft, dem Bürgerverein und engagierten Menschen aus der Nachbarschaft nun auch eine Gruppe Jugendlicher angemeldet hat, die über unsere Online-Befragung zur weiteren Entwicklung des Quartiers auf die Möglichkeit aufmerksam geworden ist, sich in die weitere Strategie- und Programmentwicklung für ihr Quartier einzubringen. Und das zeigt mir auch:

Die wichtigste Aufgabe des Quartiersmanagements ist es, Menschen zu aktivieren, denn gemeinsam geht’s besser voran!

 

Dieser Blog-Beitrag dient als Auftakt für den neuen Instagram-Kanal der cima. Hier werden wir Sie zukünftig bei unserer Arbeit vor Ort – in verschiedensten Projekten – mitnehmen und spannende Einblicke in unsere Arbeit ermöglichen.

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In eigener SacheInnenstadtPraxis & UmsetzungQuartiermanagement

Autor*in

Marie Veltmaat

Marie Veltmaat hat einen Masterabschluss der Soziologie mit Schwerpunkt Stadt und Raum und ist seit 2021 für die cima unter anderem in Osnabrück als Quartiersmanagerin und Beraterin tätig.

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