Digitale Kommune und digitaler Raum
Den Innovationstreiber Digitalisierung (be-)greifbar machen
Seit jeher sind räumliche Entwicklungsprozesse stark beeinflusst von dynamischen Veränderungen in den Bereichen Technologie, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Daher erfordert eine zukunftsorientierte Planung resilienter Standorte stets eine integrierte Betrachtung, die in einem ganzheitlichen Ansatz verschiedene Aspekte zusammenführt. Übergeordnetes Ziel ist es, nachhaltige und lebenswerte Räume zu schaffen. Im Zentrum steht dabei der Abgleich der Interessen und das in Einklang bringen von möglicherweise konfliktreichen Zielen. Immer wieder werden die Nuancen in den Zielkorridoren neu verhandelt. So auch bei der Gestaltung der digitalen Transformation auf kommunaler und regionaler Ebene.
Seit nunmehr sieben Jahren hat es sich cima.digital, als eine eigene Einheit in der cima, zur Aufgabe gemacht, Antworten auf die Digitalisierungsfragen in Entwicklungsprozessen im kommunalen und regionalen Kontext zu finden. „Digitale City-Initiativen auf dem Prüfstand“- so hieß vor zehn Jahren eine der ersten cima-Studien, die sich vertiefend mit digitalen Trends in der Standortentwicklung befasste. Fachlich ging es weiter, mit der Begleitung des bayerischen Modellprojekts „Digitale Einkaufsstadt“ oder dem Corona-Soforthilfe-Programm des bayerischen Wirtschaftsministeriums, bei dem wir 26 Werbegemeinschaften und Standortinitiativen unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ in einem umsetzungsorientierten Coaching mit digitalem Fokus begleiteten.
Zuletzt beleuchteten wir neue Ansprüche an (inter-)aktive, digitale Standortkommunikation in unserer bundesweiten Studie zum Thema kommunale Apps. In der Studie wurden 1.069 Bürger*innen als potenzielle User*innen von Apps, 381 Vertreter*innen aus knapp 300 Kommunen sowie 22 kommunale App-Anbieter befragt. Aus den drei Teilbefragungen ergab sich ein klares Bild über den Einsatz von kommunalen Apps in Deutschland sowie deren Bedeutung, Herausforderungen, Funktionen, Ressourcen und Erfolgskriterien (Infos unter https://www.cimamonitor.de/cityapps ).
Mit dem fachlichen Background aus 35 Jahren Standortentwicklung verprobt cima.digital in Forschungs- und Beratungsprojekten zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der cima-Standorte in Deutschland und Österreich ganz konkret an der Schnittstelle zwischen „klassischen“ und „technikgetriebenen“ Entwicklungsprozessen die Frage, welchen Beitrag Digitalisierung für eine zukunftsorientierte und resiliente Standortentwicklung beisteuern kann. Dabei übernimmt sie wahlweise die Rolle als digitaler Thinktank, fungiert als Coach, Support oder als Lead in der Umsetzung digitalorientierter Projekte.
Achim Gebhardt, Leitung cima.digital, Partner
cima.digital@cima.deUnd genau an der Stelle dürfen wir uns auch nichts vormachen – egal ob Smarte Standortdaten, KI, Dashboards, Digitale Zwillinge, der Einsatz von Sensorik im öffentlichen Raum – alle gegenwärtig diskutierten Tools werden in kürzester Zeit standardmäßig zum Setzkasten der Standortentwicklung gehören. Und das vollkommen zurecht! Wichtig wird dann allerdings der kompetente Umgang mit und der zielgerichtete Einsatz von allen neuen technischen Möglichkeiten und digitalen Hilfsmitteln, die uns künftig in unserem Arbeitsalltag zur Verfügung stehen.
Der beschriebene Digitalisierungstrend wird aktuell auch verstärkt durch die flächendeckende Förderung von Smart City- und Smart Region-Ansätzen. Allerdings wird dieser umfassende Ansatz vielfach – vollkommen unberechtigt – sehr stark als reiner Digitalisierungsprozess identifiziert Aber gerade, weil neue technische Möglichkeiten dabei helfen können, standortrelevante Fragestellungen besser und dezidierter zu beantworten, sollten diese intensiver als bisher in die klassischen Aspekte der Standortentwicklung eingebunden werden. Allerdings stellt diese sinnhafte Verknüpfung vielerorts noch eine große Herausforderung an Handelnde und Organisationen dar. Die Fähigkeit, auf diese speziellen Bedingungen einzugehen, variiert stark je nach Fachkenntnissen, Ressourcenverfügbarkeit sowie der Akzeptanz zur Implementierung digitaler Lösungen. Während einige Kommunen durch aktive, integrierte Planungsprozesse, durch Investitionen in digitale Infrastrukturen und durch die Förderung von Bürgerbeteiligung gut vorbereitet sind, kämpfen andere mit begrenzten Budgets, fehlender Vernetzung von Ressorts und Widerständen gegen Veränderungen.
In einer Reihe von Projekten haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, dass eine erfolgreiche Anpassung nur mit gesundem Pragmatismus, Offenheit für neue Wege und einem engagiertem Partnernetzwerk zu bewerkstelligen ist. Exemplarisch seien hier folgende Projekte aus unserem Portfolio erwähnt:
- Für den Landkreis Potsdam-Mittelmark wurde im Rahmen des Modellvorhabens „Smarte.Land.Regionen.“ landkreisweite Digitalstrategie Im Entwicklungsprozess kam bspw. die öffentlichkeitswirksame Veranstaltungsserie „CouchFunk“ zum Einsatz. Eine enge Verzahnung fand dabei mit dem Projekt „MoVe PM – Moderne Verwaltung Potsdam-Mittelmark“ statt – das auf die Modernisierung einer nachhaltigen Kreisverwaltung abzielt.
- In der Stadt Greifswald machte das Förderprogramm „Re-Start – Lebendige Innenstädte MV“ eine Reihe an Projekten möglich, die zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt beitragen. Ein Projekt daraus war im Jahr 2023 die Entwicklung eines Maßnahmenkonzeptes zur Digitalisierung der Greifswalder Innenstadt. Das Konzept zielt insbesondere auf nachhaltige Lösungen und Entwicklungsperspektiven für die Zielgruppen Studierende, Bewohnerschaft sowie Tourist*innen ab.
- Ein anderes Projekt wiederum in der Gemeinde Fuchstal (BY), hatte für ein durch das Bundesförderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren (ZIZ)“ gefördertes Entwicklungskonzept mit dem Leitthema „SMARAGD – Smarte Marktplätze zur resilienten Aktivierung gemeinwohlorientierter Daseinsvorsorge“ die Aufgabe, eine Machbarkeitsstudie zum Aufbau eines smarten, stationären Nahversorgungsangebotes „24/7“ zu erstellen. Die so genannten Lechtalboxen sollen im Sommer 2024 realisiert werden.
- Immer wieder zeigt sich in der Projektbearbeitung, wie wichtig die Vermittlung von Digitalkompetenz für die Betriebe vor Ort ist. Mit dem Digitalführerschein führen wir daher regelmäßig vor Ort digitale Schulungsreihen mit Sachverständigen durch, um einerseits die Online-Sichtbarkeit der innerstädtischen Betriebe zu erhöhen und andererseits die Digitalkompetenz auszubauen. Thematisch geht es bspw. um Erstellung und Pflege von Google-Business-Profilen, Social-Media-Aktivitäten oder den Einsatz von Fotografie und Bewegtbild.
Mehr denn je wird es in den nächsten Jahren darauf ankommen, Entscheidungen und Entwicklungsprozesse vorausschauend und kooperativ zu gestalten, alles unter dem Dach der Nachhaltigkeit und Resilienz. Der bewusste Einsatz von technischen Lösungen wird in alle relevanten Ressorts greifen und selbstverständlich in Prozesse integriert werden. Dabei sollte der Fokus jedoch immer auf den Menschen gelegt werden – Digitalisierung muss für alle Generationen greifbar und erlebbar sein: Mitnahme, Beteiligung, Verständnis und Kompetenz treiben eine moderne Standortentwicklung voran!
MEHR ÜBER CIMA.DIGITAL ERFAHREN SIE UNTER:
Dieser Beitrag erschien im cima.direkt Magazin 1/2024 mit dem Titel: Großansiedlungen im Fokus.
Mit dieser Ausgabe richten wir den inhaltlichen Fokus auf die Wirtschaftsförderung und zeigen, wie Regionen ihre Chancen nutzen, um Zukunft zu gestalten. Wir betrachten die industrielle Großansiedlung des schwedischen Unternehmens Northvolt an der Westküste Schleswig-Holsteins und lassen Gutachter und Protagonisten zu Wort kommen. Freuen Sie sich auf weitere Themen, Perspektiven sowie Impulse aus der Praxis!
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